FMA Update zu Volkswirtschaftsmonitor Q1/2020

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14. April 2020

Update zu Volkswirtschaftsmonitor Q1/2020 Als kleine und offene Volkswirtschaft ist Liechtenstein stark vom internationalen Handel und von der externen Nachfrage abhängig. Liechtensteins Realwirtschaft wird daher vom globalen Abschwung durch die Covid-19-Pandemie stark getroffen werden. Für den Finanzsektor, der anders als in der globalen Finanzkrise dieses Mal nur indirekt getroffen wird, gilt es insbesondere zwei Dinge zu berücksichtigen: Einerseits soll der Finanzsektor der Realwirtschaft in der Krise als Geldgeber zur Verfügung stehen und damit eine Kreditklemme verhindern. Andererseits soll ein Überschwappen der Krise in der Realwirtschaft auf den Finanzsektor verhindert werden. Die Gewährleistung der Finanzmarktstabilität ist im Mandat der FMA gesetzlich verankert und hat für die FMA – gerade auch in der aktuellen Situation – höchste Priorität. Die Anzeichen, dass auch Liechtensteins Volkswirtschaft aufgrund der Coronavirus-Pandemie vor einer massiven Rezession steht, haben sich seit der Einschätzung im März (Volkswirtschaftsmonitor Q1/2020) weiter verstärkt. Der Internationale Währungsfonds (IWF) rechnet in seiner aktuellen Prognose mit einer starken globalen Rezession, mit einem globalen BIP-Wachstum von -3% in diesem Jahr – der stärkste Einbruch seit der Grossen Depression Anfang der 1930er-Jahre. In der Schweiz wurde bereits ein Drittel aller Arbeitnehmer zur Kurzarbeit angemeldet, der IWF rechnet für 2020 in der Schweiz mit einem negativen BIP-Wachstum von -6%. In alternativen Szenarien, beispielsweise durch längere Ausgangsbeschränkungen oder erneute Ausbrüche der Pandemie, würde der BIP-Rückgang laut IWF sogar noch deutlich stärker ausfallen. Auch in Liechtenstein gab es bereits 800 Anträge von Unternehmen auf Kurzarbeit. Damit dürften – auf Basis der Kostenschätzung der Regierung von rund CHF 17 Mio. pro Monat – auch in Liechtenstein mehrere Tausend Arbeitnehmer von Kurzarbeit betroffen sein. Die Fiskalpolitik versucht damit nicht nur in Liechtenstein, sondern auch in den meisten anderen entwickelten Volkswirtschaften den Einbruch so gut wie möglich abzufedern. Die weitreichenden Massnahmen – von Kurzarbeit über Transfers an Unternehmen bis hin zu Liquiditätshilfen – wurden sehr schnell auf den Weg gebracht, was in einer solchen Krisensituation für die Effektivität sehr wichtig ist. Trotzdem wird dem aktuellen Angebots- und Nachfrageschock aufgrund der weitreichenden Schliessungen und Einschränkungen nach der Lockerung der Massnahmen ein weiterer schwerer Nachfrageschock folgen, da die Fiskalpolitik weder alle Arbeitsplätze schützen noch alle Unternehmenspleiten verhindern kann. Damit droht ein starker Verlust an Kaufkraft, welcher sich auf die Nachfrage auswirkt. Dabei gilt für Liechtenstein noch mehr als für andere Länder, dass die heimische Volkswirtschaft auf die erfolgreiche fiskalpolitische Intervention bei den wichtigsten Handelspartnern angewiesen ist, sodass sich der Einbruch in der externen Nachfrage möglichst in Grenzen hält. Während die Realwirtschaft schon in den ersten Wochen der Krise massiv getroffen wird, präsentiert sich der liechtensteinische Finanzsektor weiterhin in einem stabilen Zustand. Die Finanzmarktturbulenzen der letzten Wochen hatten auf den liechtensteinischen Finanzsektor nur sehr begrenzte Auswirkungen. Die im internationalen Vergleich weit überdurchschnittlichen Solvenz- und Liquiditätskennzahlen sowie das vergleichsweise konservative Geschäftsmodell führen zu einer hohen Widerstandsfähigkeit des heimischen Bankensektors. Umso wichtiger erscheint es, dass der Finanzsektor – und insbesondere die Banken – für die Realwirtschaft in der Krise als Dienstleister zur Verfügung stehen. Die staatliche Garantie für die Überbrückungskredite ist ein gutes Beispiel dafür, wie der Finanzsektor und die Politik gemeinsam die aktuelle Krise abfedern können. Bei einer starken Rezession wird es jedoch auch im Finanzsektor zu negativen Zweitrundeneffekten kommen. Ein Rückgang bei den verwalteten Vermögen resultiert mittelfristig in einer niedrigeren Profitabilität, zudem wird die Rate an notleidenden Krediten – aufgrund von Unternehmensbankrotten und steigender Arbeitslosigkeit – möglicherweise ansteigen. Die FMA sieht den inländischen Banken- und Finanzsektor aufgrund der positiven Ausgangssituation sehr gut für die kommenden Herausforderungen gerüstet. Im Rahmen des gesetzlichen Mandats zur Gewährleistung der Finanzmarktstabilität wird die Situation jedoch von der FMA laufend beobachtet und beurteilt, sodass bei steigenden Risiken rechtzeitig reagiert werden kann. Martin Gächter, Leiter Finanzstabilität/Makroprudenzielle Aufsicht Landstrasse 109 • Postfach 279 • 9490 Vaduz • Liechtenstein Telefon +423 236 73 73 • Telefax +423 236 73 74 • www.fma-li.li • info@fma-li.li


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